29.06.2016 / komba gewerkschaft/dbb beamtenbund und tarifunion

Im Kita-Bereich fehlen 107.000 Fachkräfte!

Foto: © Nailia Schwarz / fotolia.com
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„Ländermonitor Frühkindliche Bildungssysteme“ der Bertelsmann-Stiftung

Mit der alarmierenden Feststellung, dass bundesweit etwa 107.000 Fachkräfte im Bereich der Kitas fehlen, ist die Bertelsmann-Stiftung am 29. Juni 2016 an die Öffentlichkeit gegangen. Im „Ländermonitor Frühkindliche Bildungssysteme“ wird ferner aufgezeigt, dass die regionalen Unterschiede zum Teil gravierend sind und dass erfreulicherweise die Kita-Qualität verbessert werden konnte.

Wer sich an die Tarifauseinandersetzung des letzten Jahres im SuE-Bereich (Sozial- und Erziehungsdienst) erinnert, weiß, dass das Stichwort „Personalschlüssel“ seine Bedeutung für eine gute frühkindliche Erziehung hat sowie die Notwendigkeit einer gezielten Personalgewinnung in den Tarifverhandlungen eine große Rolle spielte.

Runder Tisch – Jetzt!
„Ich bin froh, dass heute eine anerkannte Institution wie die Bertelsmann-Stiftung Fakten vorlegt und Probleme aufzeigt, die aus Sicht des dbb schon in den Verhandlungen des letzten Jahres eine stärkere Rolle hätten spielen müssen“, nimmt Andreas Hemsing, im letzten Jahr für den dbb Verhandlungsführer in den SuE-Verhandlungen und Mitglied der Geschäftsführung der Bundestarifkommission, den Ball auf: „Die vorgelegten Zahlen sollten wir nicht einfach nutzen, um jetzt behaupten zu können: ‚Das haben wir doch schon immer gesagt!‘ Ich sehe in dieser differenzierten Analyse eine Aufforderung an die Sozialpartner, sich der Aufgabe anzunehmen. Dafür ist der Tariftisch zu klein und auch die Talkshow hilft uns nicht wirklich bei der Lösungsfindung.“

Ohne finanzielle Kraftanstrengung wird’s nicht gehen!
Deshalb schlägt Hemsing einen Runden Tisch zwischen Bund, Ländern, Kommunen und Gewerkschaften vor, an dem Lösungsvorschläge erarbeitet werden, denen nicht der alte Fehler anhaftet, dass unklar bleibt, wer bestellt und wer bezahlt. Hemsing weiter: „Die Stiftung spricht von einem finanziellen Rahmen von fast fünf Milliarden Euro. Den Betreuungsschlüssel, den der Bericht dabei zu Grunde legt, Erzieher-Kinder-Verhältnis von 1:3 für Kinder unter drei Jahren und 1:7,5 für die älteren Kindergartenkinder, halten wir als dbb für vernünftig. Wir werden uns dafür stark machen, dass die vorliegende Analyse nicht ungehört im Sommerloch verhallt oder bestenfalls ein wenig achselzuckende Betroffenheit auslöst. Was wir jetzt brauchen, sind Handlungswillen und Handlungsfähigkeit. Durch die aktuelle Herausforderung, tausende von Flüchtlingskindern zu integrieren, wird hoffentlich auch dem größten Bedenkenträger deutlich, dass es jetzt darum geht, die Erziehungs- und Bildungszukunft zu gestalten. Ohne finanzielle Kraftanstrengung wird das nicht gehen.“

Regionale Unterschiede
In der Studie wird ferner darauf verwiesen, dass der bundesweite Trend zwar positiv sei, dass „jedoch in den meisten Bundesländern die Personalschlüssel noch immer weit entfernt von einem pädagogisch sinnvollen Wert sind“. Dabei sind die Unterschiede zwischen den Bundesländern in den letzten Jahren sogar noch einmal gewachsen. Aktuell sieht die Studie lediglich in Baden-Württemberg keinen Personalbedarf. In Bremen müsste mit gut 100 Erzieherinnen und Erziehern nachgesteuert werden – was machbar erscheint. In allen anderen Ländern ist der Bedarf so hoch, dass er nicht mal eben ausgeglichen werden kann. Den größten Bedarf haben Nordrhein-Westfalen (15.600) und Sachsen (16.900). „Ich schließe mich der Bewertung durch die Bertelsmann-Stiftung an, dass wir bundeseinheitliche Standards für die frühkindliche Erziehung brauchen. Das sind nicht der Ort und die Zeit für fröhlichen Wettbewerbsföderalismus. Vielmehr stehen wir vor der konkreten Aufgabe, die in unserem Land hoch bewertete Chancengleichheit nicht schon im Kindergarten aufzugeben. Dazu müssen sich die Sozialpartner an einen Tisch setzen.“

 

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